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Gutenberghof

Markanter Zeuge der Jahrhundertwende

Der Gutenberghof der Druckerfamilie Raeber ist ein klassisches Beispiel für die Architektur der Jahrhundertwende. Mit seiner „wuchernden historisierenden Fassadengestaltung“, wie Otti Gmür im Architekturführer Luzern (2003) schreibt, wirkt das Haus vor allem im oberen Teil wie ein Mietschloss.

Es ist auch ein typisches Beispiel für die Kombination von Gewerbe und Wohnungen in den Blockrandbauten des Hirschmattquartiers. Mit ihren grossflächigen Fenstern heben sich das Erdgeschoss und das Hochparterre deutlich von den Wohngeschossen mit ihren Balkonen und Erkern ab. Der imposante Bau an der Morgarten- und Frankenstrasse, auf dessen Turmspitze der heilige Mauritius – der zweite Stadtpatron von Luzern – prangt, hat sich bis heute kaum verändert.

Der Gutenberghof auf einer Postkarte aus dem Jahr 1911.

Benannt ist das Haus nach Johannes Gutenberg, dem Erfinder des Buchdrucks. Erbaut wurde der Gutenberghof von Gottfried Müller für die Familie Raeber, die 1907 mit ihrer Druckerei und Buchhandlung in den Neubau einzog. Raeber hatte schon 1833 die konservative „Luzerner Zeitung“ gegründet und gab ab 1871 das „Vaterland“ heraus. Aloys und Heinrich Raeber waren 1832 aus Ebikon in die Stadt Luzern gekommen, die zunächst in der Werchlaube druckten, dann 1876 in das Zunfthaus zur Schneidern umzogen, nachdem sich die Zunft schon 1863 aufgelöst und das Haus an die Gebrüder Raeber verkauft hatte. 1892 errichtete man dort die erste Zeitungsrotationsmaschine von Luzern, doch schon bald wurde der Platz zu knapp und man entschied man sich für einen Neubau im Hirschmattquartier.

Im Gutenberghof wurde eine neue Zeitungsrotationsmaschine installiert. Raeber druckte das katholisch-konservative „Vaterland“ bis 1959, als der Verlag im Maihof eine eigene Druckerei erstellte. Unter der Leitung der fünften Generation wurde 1991 die Druckerei und 2001 die Buchhandlungen verkauft, während der Buchverlag im Besitz der Familie blieb.

Die verschiedenen Tätigkeiten der Raeber-Dynastie spiegeln sich auch im Fassadenschmuck des Gutenberghofs wider. Zwei Reliefs zeigen den Drucker (links, an der Frankenstrasse) und den Buchhändler (rechts, an der Morgartenstrasse).
Zwei Statuen auf der Höhe des fünften Geschosses zeigen Johannes Gutenberg (Morgartenstrasse), den Erfinder des Buchdrucks, und Thomas Murner, den ersten Buchdrucker in Luzern.

Über dem Haupteingang ist das Familienwappen der Raeber angebracht. „Fideliter progredimur“ verkündet es: „Tüchtig schreiten wir voran“, dazu die Jahreszahlen des Umzugs nach Luzern (1832) und des Einzugs in en Gutenberghof (1907). Getragen wird das Familienwappen von den Wappen der Buchdruckerzunft (links) und wohl der Buchhändler. Eule und Buch werden häufig in Zusammenhang mit Weisheit durch Wissen verwendet.


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